NATO-Truppenstatut

 

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Artikel VIII [Schadenshaftung, Zivilgerichtsbarkeit]

 

  (1) 

Jede Vertragspartei verzichtet auf alle Ansprüche gegen eine andere Vertragspartei wegen Beschädigung von Vermögenswerten, die ihr gehören und von ihren Land-, See- oder Luftstreitkräften benutzt werden, wenn der Schaden

 

(i)

von einem Mitglied oder einem Bediensteten der Streitkräfte der anderen Vertragspartei in Ausübung seiner Dienstobliegenheiten im Zusammenhang mit der Durchführung des Nordatlantikvertrags verursacht wurde; oder

 

(ii)

durch die Benutzung von Land-, Wasser- oder Luftfahrzeugen entstanden ist, die der anderen Vertragspartei gehören und von deren Streitkräften benutzt werden, vorausgesetzt, dass entweder das den Schaden verursachende Fahrzeug oder der beschädigte Vermögensgegenstand im Zusammenhang mit der Durchführung des Nordatlantikvertrags verwendet wurden.

 

Auf Ansprüche einer Vertragspartei gegen eine andere Vertragspartei aus Bergung und Hilfeleistung zur See wird verzichtet, vorausgesetzt, dass das geborgene Schiff oder die geborgene Ladung einer Vertragspartei gehörte und von ihren Streitkräften im Zusammenhang mit der Durchführung des Nordatlantikvertrags verwendet wurde.

  (2) 

(a)

Im Falle von Schäden, die an anderen einer Vertragspartei gehörenden und in ihrem Hoheitsgebiet befindlichen Vermögenswerten in der in Absatz (1) bezeichneten Weise verursacht worden oder entstanden sind, wird über die Haftung einer anderen Vertragspartei und über die Höhe des Schadens durch einen nach Buchstabe (b) ausgewählten Einzelschiedsrichter entschieden, es sei denn, dass die beteiligten Vertragsparteien etwas anderes vereinbaren. Der Schiedsrichter entscheidet auch über alle aus dem gleichen Ereignis entstehenden Gegenansprüche.

 

(b)

Der unter Buchstabe (a) vorgesehene Schiedsrichter wird im Einvernehmen zwischen den beteiligten Vertragsparteien aus den Staatsangehörigen des Aufnahmestaates ausgewählt, die hohe richterliche Ämter innehaben oder innegehabt haben. Können die betreffenden Vertragsparteien sich nicht innerhalb von zwei Monaten über den Schiedsrichter einigen, so kann jede von ihnen den Vorsitzenden der Stellvertreter im Nordatlantikrat ersuchen, eine Person auszuwählen, die die obengenannten Voraussetzungen erfüllt.

 

(c)

Die Entscheidung des Schiedsrichters ist für die Vertragsparteien bindend und endgültig.

 

(d)

Der Betrag der von dem Schiedsrichter zuerkannten Entschädigung wird nach Absatz (5) Buchstabe (e) Ziffern (i), (ii) und (iii) aufgeteilt.

 

(e)

Die Vergütung für den Schiedsrichter wird im Einvernehmen zwischen den beteiligten Vertragsparteien festgesetzt und, ebenso wie die bei der Durchführung seiner Aufgaben entstehenden Kosten, von ihnen zu gleichen Teilen getragen.

 

( f)

jede Vertragspartei verzichtet gleichwohl auf ihre Ansprüche in allen Fällen, in denen der Schaden weniger beträgt als:

 

 

Belgien:

bfrs. 70 000

 

 

Kanada:

$ 1460

 

 

Dänemark:

Kr. 9670

 

 

Frankreich:

ffirs. 490 000

 

 

Island:

Kr. 22 800

 

 

Italien:

Li. 850 000

 

 

Luxemburg:

lfrs. 70 000

 

 

Niederlande:

Fl. 5320

 

 

Norwegen:

Kr. 10 000

 

 

Portugal:

Escu. 40 250

 

 

Vereinigtes Königreich:

£ 500

 

 

Vereinigte Staaten:

$ 1400.

 

 

Jede andere Vertragspartei, deren Vermögenswerte bei dem gleichen Ereignis beschädigt worden sind, verzichtet ebenfalls bis zur Höhe des obengenannten Betrages auf ihren Anspruch. Im Falle beträchtlicher Veränderung in den Wechselkursen zwischen diesen Währungen einigen sich die Vertragsparteien über die entsprechende Berichtigung der obengenannten Beträge.

  (3) 

Im Sinne der Absätze (1) und (2) umfasst der Ausdruck "einer Vertragspartei gehörend" auch Schiffe, die von der Vertragspartei als unbemannte Schiffe gechartert oder in Anspruch genom­men oder von ihr als Prise beschlagnahmt worden sind (jedoch nur, soweit die Gefahr des Verlustes oder der Haftung nicht von einer anderen Person als dieser Vertragspartei getragen wird).

  (4)

Jede Vertragspartei verzichtet auf alle Ansprüche gegen eine andere Vertragspartei, die darauf beruhen, dass ein Mitglied ihrer Streitkräfte in Ausübung des Dienstes eine Körperverletzung oder den Tod erlitten hat.

  (5)

Ansprüche [ausgenommen vertragliche Ansprüche und Ansprüche, auf welche die Absätze (6) und (7) Anwendung finden], die sich daraus ergeben, dass durch Handlungen oder Unterlassungen von Mitgliedern einer Truppe oder eines zivilen Gefolges in Ausübung des Dienstes oder durch eine andere Handlung, Unterlassung oder Begebenheit, für die eine Truppe oder ein ziviles Gefolge rechtlich verantwortlich ist, in dem Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates einem Dritten, mit Ausnahme einer der Vertragsparteien, ein Schaden. zugefügt worden ist, werden von dem Aufnahmestaat nach folgenden Bestimmungen behandelt:

 

(a)

Die Geltendmachung, Prüfung und außergerichtliche Regelung der Entschädigungsansprüche oder die gerichtliche Entscheidung über sie erfolgt gemäß den Gesetzen und Bestimmungen des Aufnahmestaates, die insoweit für seine eigenen Streitkräfte gelten.

 

(b)

Der Aufnahmestaat kann alle derartigen Ansprüche regeln; er zahlt die Entschädigungsbeträge in seiner Währung.

 

(c)

Eine derartige Zahlung, gleichviel ob sie auf Grund einer außergerichtlichen Regelung der Sache oder einer Entscheidung eines zuständigen Gerichtes des Aufnahmestaates erfolgt, oder ein rechtskräftiges klageabweisendes Urteil eines solchen Gerichtes ist für die Vertragsparteien bindend und endgültig.

 

(d)

jeder von dem Aufnahmestaat beglichene Anspruch wird den beteiligten Entsendestaaten mit einem alle Einzelheiten umfassenden Bericht und mit einem Aufteilungsvorschlag gemäß Buchstabe (e) Ziffern (i), (ii) und (iii) mitgeteilt. Äußert sich der Entsendestaat nicht binnen zwei Monaten, so gilt der Vorschlag als angenommen.

 

(e)

Die zur Befriedigung von Ansprüchen auf Grund der Buchstaben (a) bis (d) und des Absatzes (2) zu zahlenden Beträge sind von den Vertragsparteien in folgendem Verhältnis zu tragen:

 

 

(i)

Ist ein Entsendestaat allein verantwortlich, so wird der Entschädigungsbetrag im Verhältnis von 25 v.H. zu Lasten des Aufnahmestaates und 75 v.H. zu Lasten des Entsendestaates aufgeteilt.

 

 

(ii)

Ist mehr als ein Staat für den Schaden verantwortlich, so wird der Entschädigungsbetrag gleichmäßig auf sie aufgeteilt; ist der Aufnahmestaat jedoch nicht unter den verantwortlichen Staaten, so beträgt sein Anteil die Hälfte des Anteils, der auf jeden Entsendestaat entfällt.

 

 

(iii)

Wurde der Schaden von den Streitkräften der Vertragsparteien verursacht und ist es nicht möglich, ihn mit Bestimmtheit einer oder mehreren dieser Streitkräfte zuzurechnen, so wird der Entschädigungsbetrag gleichmäßig auf die beteiligten Vertrags­parteien aufgeteilt; ist jedoch der Aufnahmestaat nicht unter den Staaten, durch deren Streitkräfte der Schaden verursacht wurde, so beträgt sein Anteil die Hälfte des Anteils, der auf jeden der beteiligten Entsendestaaten entfällt.

 

 

(iv)

Jedes halbe Jahr übermittelt der Aufnahmestaat den beteiligten Entsendestaaten mit dem Ersuchen um Erstattung eine Aufstellung der Beträge, die er im Laufe des Halbjahres in den Fällen gezahlt hat, in denen die vorgeschlagene prozentuale Aufteilung angenommen wurde. Die Erstattung erfolgt innerhalb der kürzest möglichen Zeit in der Währung des Aufnahmestaates.

 

( f)

In Fällen, in denen die Anwendung der Bestimmungen der Buchstaben (b) und (e) für eine Vertragspartei ernstliche Härten mit sich bringen würde, kann diese den Nordatlantikrat ersuchen, eine abweichende Regelung zu treffen.

 

(g)

Ein Mitglied einer Truppe oder eines zivilen Gefolges darf einem Verfahren zur Vollstreckung eines Urteils nicht unterworfen werden, das in dem Aufnahmestaat in einer aus der Ausübung des Dienstes herrührenden Angelegenheit gegen ihn ergangen ist.

 

(h)

Mit Ausnahme der Anwendung von Buchstabe (e) auf Ansprüche, die unter Absatz (2) fallen, gilt Absatz (5) nicht für Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit der Navigation oder dem Betrieb eines Schiffes oder dem Verladen, der Beförderung oder dem Entladen einer Schiffsladung, es sei denn, dass es sich um Ansprüche wegen Todes oder Körperverletzung handelt, auf welche Absatz (4) keine Anwendung findet.

  (6)

Ansprüche gegen Mitglieder einer Truppe oder eines zivilen Gefolges aus zu Schadensersatz verpflichtenden Handlungen oder Unterlassungen im Aufnahmestaat, die nicht in Ausübung des Dienstes begangen worden sind, werden wie folgt behandelt:

 

(a)

Die Behörden des Aufnahmestaates prüfen den Anspruch, ermitteln in billiger und gerechter Weise unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einschließlich des Verhaltens der verletzten Person den dem Antragsteller zukommenden Betrag und fertigen einen Bericht über die Angelegenheit an.

 

(b)

Der Bericht wird den Behörden des Entsendestaates übergeben, die dann unverzüglich entscheiden, ob, und bejahendenfalls in welcher Höhe sie eine Abfindung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht (ex gratia payment) anbieten wollen.

 

(c)

Wird eine Abfindung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht angeboten und wird dieses Angebot von dem Antragsteller als volle Befriedigung seines Anspruchs angenommen, so nehmen die Behörden des Entsendestaates die Zahlung selbst vor und unterrichten die Behörden des Aufnahmestaates über ihre Entscheidung und die Höhe des gezahlten Betrages.

 

(d)

Die Bestimmungen dieses Absatzes lassen die Zuständigkeit der Gerichte des Aufnahmestaates für die Durchführung eines Verfahrens gegen ein Mitglied einer Truppe oder eines zivilen Gefolges unberührt, sofern und solange nicht eine Zahlung als volle Befriedigung des Anspruchs geleistet worden ist.

  (7)

Ansprüche, die sich aus der unbefugten Benutzung von Fahrzeugen der Streitkräfte eines Entsendestaates ergeben, werden gemäß Absatz (6) behandelt, es sei denn, dass die Truppe oder das zivile Gefolge rechtlich verantwortlich ist.

  (8)

Entsteht Streit darüber, ob eine zu Schadensersatz verpflichtende Handlung oder Unterlassung eines Mitgliedes einer Truppe oder eines zivilen Gefolges in Ausübung des Dienstes begangen worden ist, oder ob die Benutzung eines Fahrzeuges der Streitkräfte eines Entsendestaates unbefugt war, so ist die Frage einem gemäß Absatz (2) Buchstabe (b) ernannten Schiedsrichter vorzulegen, dessen Entscheidung über diesen Punkt endgültig und unanfechtbar ist.

  (9) 

Hinsichtlich der Zivilgerichtsbarkeit des Aufnahmestaates darf der Entsendestaat für Mitglieder einer Truppe oder eines zivilen Gefolges keine Befreiung von der Gerichtsbarkeit des Aufnahmestaates über Absatz (5) Buchstabe (g) hinaus beanspruchen.

(10) 

Die Behörden des Entsendestaates und des Aufnahmestaates arbeiten bei der Beschaffung von Beweismitteln für eine gerechte Untersuchung und Erledigung von Ansprüchen, welche die Vertragsparteien betreffen, zusammen.